Frühneolithischen Jägern über die Schulter geschaut …

Einen ganz besonderen Fund stellt der Oberarmknochen einer Auerochsenkuh mit Schussverletzung dar – gefunden in den Verfüllschichten einer der Monumentalanlagen am Göbekli Tepe, Südostanatolien (Türkei). Der Schuss, der vermutlich auf lebenswichtige Organe im Brustkorb gezielt war, ging offensichtlich daneben, so dass die Steinspitze in den Knochen eindrang und abbrach.

Schema einer Auerochsenkuh. Grün: Knochen; rot: Muskeln; der schwarze Pfeil markiert die Stelle, an der das Projektil in den Knochen eindrang.

Wie das Team aus Archäozoologen und Archäologen herausfand, wurde das Tier maximal aus einer Entfernung von 30 m entweder mit Pfeil und Bogen oder mit einem Speer erlegt. Tiere dieser Größe waren auch für erfahrene Jäger durchaus respekteinflößend, so dass davon ausgegangen wird, dass die Auerochsenjagd in größeren Jagdgemeinschaften unternommen wurde. Da Auerochsen vor dem Winter größere Fettdepots anlegen, dürfte auch die Jagd auf sie hauptsächlich im Herbst erfolgt sein, um Reserven für die karge Jahreszeit anzulegen. In den Herbst fällt auch die Sammelzeit für Mandeln, Pistazien und Wildgetreide. Es wird daher auch vermutet, dass sich Jäger-Sammlergruppen versammelten, um gemeinsam zu jagen, in der Zeit des Überflusses gemeinsam zu feiern und damit die Verbindungen innerhalb und zwischen den Gruppen zu stärken.

Die Studie wurde mit Mitteln der DFG im Rahmen des Langfristvorhabens „Die prähistorischen Gesellschaften Obermesopotamiens und ihre Subsistenz“ durchgeführt.

Publikation:

Pöllath N., Dietrich O., Notroff J., Clare L., Dietrich L., Köksal-Schmidt Ç., Schmidt K., Peters J. (2018) Almost a chest hit: An aurochs humerus with hunting lesion from Göbekli Tepe, south-eastern Turkey, and its implications. Quaternary International 495: 30-48. https://doi.org/10.1016/j.quaint.2017.12.003.